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Ausgewählte Fabeln von Aesop Inhaltsverzeichnis Das Kamel
Als die Menschen das Kamel zum ersten Male sahen, erstaunten sie über die Größe des Tieres und flohen bestürzt davon. Bald merkten sie aber, dass es nicht so furchtbar sei, wie sie es erwartet
hatten, sondern dass man es leicht bändigen könne. Sie fingen
es mit geringer Mühe ein und verwendeten es zu ihrem Nutzen. Ganz
geduldig ließ es alles mit sich geschehen und wich jeder Gefahr aus.
Nun fingen die Menschen an, weil es trotz seiner Größe und Stärke
sich nie widerspenstig zeigte, sondern sich jede Kränkung ruhig gefallen
ließ, es zu verachten, zäumten es auf und ließen es von
ihren Kindern leiten.
Ein Lämmchen löschte an einem Bache seinen Durst. Fern von ihm, aber näher der Quelle, tat ein Wolf das gleiche. Kaum erblickte er das Lämmchen, so schrie er: "Warum trübst du mir das Wasser, das ich trinken will?" "Wie wäre das möglich", erwiderte schüchtern das Lämmchen, "ich stehe hier unten und du so weit oben; das Wasser fließt ja von dir zu mir; glaube mir, es kam mir nie in den Sinn, dir etwas Böses zu tun!" "Ei, sieh doch! Du machst es gerade, wie dein Vater vor sechs Monaten; ich erinnere mich noch sehr wohl, dass auch du dabei warst, aber glücklich entkamst, als ich ihm für sein Schmähen das Fell abzog!" "Ach, Herr!" flehte das zitternde Lämmchen, "ich bin ja erst vier Wochen alt und kannte meinen Vater gar nicht, so lange ist er schon tot; wie soll ich denn für ihn büßen." "Du Unverschämter!" so endigt der Wolf mit erheuchelter Wut, indem er die Zähne fletschte. "Tot oder nicht tot, weiß ich doch, dass euer ganzes Geschlecht mich hasset, und dafür muss ich mich rächen." Ohne weitere Umstände zu machen, zerriss er das Lämmchen und verschlang es. Das Gewissen regt sich selbst bei dem größten Bösewichte;
er sucht doch nach Vorwand, um dasselbe damit bei Begebung seiner Schlechtigkeiten
zu beschwichtigen.
Ein Bauer trieb ein Pferd und einen Esel, beide gleichmäßig beladen, zu Markte. Als sie schon eine gute Strecke vorwärts gegangen waren, fühlte der Esel seine Kräfte abnehmen. "Ach", bat er das Pferd kläglich: "Du bist viel größer und stärker als ich, und doch hast du nicht schwerer zu tragen, nimm mir einen Teil meiner Last ab, sonst erliege ich." Hartherzig schlug ihm das Pferd seine Bitte ab: "Ich habe selbst meinen Teil, und daran genug zu tragen." Keuchend schleppte sich der Esel weiter, bis er endlich erschöpft zusammenstürzte. Vergeblich hieb der Herr auf ihn ein, er war tot. Es blieb nun nichts weiter übrig, als die ganze Last des Esels dem Pferde aufzupacken, und um doch etwas von dem Esel zu retten, zog ihm der Besitzer das Fell ab und legte auch dieses noch dem Pferde oben auf. Zu spät bereute dieses seine Hartherzigkeit. "Mit leichter Mühe", so klagte es, "hätte ich dem Esel einen kleinen Teil seiner Last abnehmen und ihn vom Tode retten können. jetzt muss ich seine ganze Last und dazu noch seine Haut tragen." Hilf zeitig, wo du helfen kannst. Hilf dem Nachbarn löschen, ehe
das Feuer auch dein Dach ergreift.
Ein Hühnerfreund kaufte ein Rebhuhn, um es in seinem Hof mit seinem andern Geflügel laufen zu lassen, allein die Hühner bissen und trieben es stets vom Fressen ab. Dies schmerzte das Tier sehr, denn es glaubte, es geschehe ihm diese Zurücksetzung, weil es fremd sei; betrübt zog es sich in einen Winkel zurück. Bald aber tröstete es sich, als es sah, dass sich die Hühner untereinander ebenso bissen und sprach zu sich: Wenn diese schlechten Tiere Feindseligkeiten sogar gegen sich selbst ausüben, so werde ich wohl eine solche Behandlung mit Gleichmut ertragen können. Geiz und Missgunst sind die größten Feinde des Friedens.
Ein Adler horstete auf einer hohen Eiche, und der Fuchs hatte sein Loch unten an derselben. Diese Nachbarschaft schien eine Freundschaft zur Folge zu haben. Aber ach, wie wenig aufrichtig war sie! Als der Fuchs einmal des Abends auf Raub ausging, und der Adler gerade diesen Tag über aus Mangel an Beute mit seinen Jungen hatte fasten müssen, so glaubte er, der Hunger hebe jede Rücksicht der Freundschaft auf, stürzte sich auf die Füchschen, trug sie in seinen Horst und verschlang sie mit seinen Jungen; ein leckeres Mal für sie und ihn! Kaum war der Fuchs zurückgekehrt, als er auch seine Jungen vermisste und den Frevel sogleich ahnte. Ergrimmt über diese Verletzung der Freundschaft und von seinem Schmerz getrieben, stieß er eine Flut von Schmähungen gegen seinen früheren Freund, der nun sein heftigster Feind geworden war, aus, weil er sonst kein Mittel sah, sich zu rächen - und flehte den Zorn der Götter auf den Adler herab. Ruhig, mit höhnischer Miene, schaute der Adler auf den erbitterten Fuchs und ahnte nicht, dass so bald die verdiente Strafe folgen würde. In der Nachbarschaft war nämlich ein Fest, und die Landleute opferten ihren Göttern. Als die Eingeweide angezündet wurden, flog der Adler hinzu, raubte nach seiner Gewohnheit ein Stück und trug es in sein Nest. Allein ohne sein Wissen war glimmende Asche an diesem Stück hängengeblieben; sein Horst fing schnell Feuer, und da gerade ein heftiger Sturm wütete, so war das Nest bald von den Flammen verzehrt; die halb gebratenen Jungen fielen herab, und der Fuchs verzehrte sie vor den Augen des Adlers. Dem Verbrecher wird sein Lohn.
Über Stärke, Festigkeit und Ruhe stritten sich ein Schilfrohr
und ein Ölbaum. Das Rohr, welches von dem Ölbaum darob getadelt
ward, dass es aller Stärke entbehre und leicht von allen Winden hin
und her bewegt werde, schwieg und sagte kein Wort. Nach einer kleinen Weile
erhob sich ein heftiger Sturm; das hin und her geschüttelte Rohr hatte
den Windstößen nachgegeben und blieb unbeschädigt, der
Ölbaum dagegen, welcher sich den Winden entgegengestemmt hatte, wurde
durch deren Gewalt gebrochen.
Ein Adler stürzte sich hoch aus der Luft auf ein Lamm, fasste es mit seinen Krallen und trug es mit Leichtigkeit davon. Eine Dohle hatte dies mit angesehen, und da sie sich ebenso stark glaubte wie der Adler, flog sie auf einen Widder zu. Aber vergeblich bemühte sie sich, ihn fortzubringen, sie verwickelte sich in die Wolle und konnte nun auch nicht wieder davonfliegen. Als der Hirte sie zappeln sah, haschte er sie, beschnitt ihr die Flügel und nahm sie seinen Kindern zum Spielzeug mit. "Ei! Ei!" riefen hocherfreut die Knaben, "wie nennt man diesen Vogel?" "Vor einer Stunde noch", antwortete der Vater, "hielt er sich für einen Adler, musste aber bald einsehen, dass er nur eine elende Dohle ist." Wage dich nicht an Dinge, die deine Kräfte übersteigen; es
gibt sonst zum Schaden noch Spott.
Eine Schildkröte bat einen Adler, ihr Unterricht im Fliegen zu geben. Der Adler suchte es ihr auszureden, aber je mehr er sich bemühte, ihr das Törichte ihres Wunsches klarzumachen, desto mehr beharrte sie darauf. Ihrer dringenden Bitten müde, nahm der Adler sie endlich in die Luft und ließ sie ungefähr turmhoch herabstürzen; zerschmettert lag sie auf der Erde und musste so ihre Torheit büßen. Trachte nicht nach Dingen, die die Natur dir versagt hat; was die Natur
versagt, kann niemand geben.
Ein Fuchs sah einen Eber seine Hauer an einem Eichstamme wetzen und fragte ihn, was er da mache, da er doch keine Not, keinen Feind vor sich sehe? "Wohl wahr", antwortete der Eber, "aber gerade deswegen rüste ich mich zum Streit; denn wenn der Feind da ist, dann ist es Zeit zum Kampf, nicht mehr Zeit zum Zähnewetzen." Bereite dich im Glück auf das künftige Unglück; sammle
und rüste in guten Tagen auf die schlimmern.
Ein Mann kaufte einen Esel, aber nicht gleich endgültig, sondern er machte eine Probezeit aus. Als er mit ihm in seinen Hof kam, wo schon mehrere Esel teils bei der Arbeit, teils bei der Abfütterung waren, ließ er ihn frei laufen. Sogleich trottete der neue zu dem faulsten und gefräßigsten Gefährten und stellte sich zu ihm an die Futterkrippe. Da legte ihm der Mann den Strick wieder um den Hals und brachte ihn dem bisherigen Besitzer zurück. "So schnell kannst du ihn doch gar nicht erprobt haben", wunderte sich der. "O mir genügt, was ich gesehen und erfahren habe: Nach der Gesellschaft,
die er sich ausgesucht hat, ist er ein übler Bursche!"
Ein Esel, der nach der größten Anstrengung nicht einmal Streu genug erhielt, um seinen Hunger zu stillen, und unter seiner schweren Bürde kaum noch fortkriechen konnte, hielt ein schönes, prächtig geschmücktes Pferd für glücklich, weil es so gut und im Überfluss gefüttert würde. Ach, wie sehr wünschte er mit diesem Tiere tauschen zu können. Allein nach einigen Monaten erblickte er dasselbe Pferd lahm und abgezehrt an einem Karren. "Ist dies Zauberei?" fragte er. "Beinahe", antwortete traurig das Pferd; "eine Kugel traf mich, mein Herr stürzte mit mir und verkaufte mich zum Dank um ein Spottgeld; lahm und kraftlos, wie ich jetzt bin, wirst du gewiss nicht mehr mich beneiden und mit mir tauschen wollen." Wie oft das größte Glück zerstört ein Augenblick!
Ein Esel und ein Fuchs lebten lange freundschaftlich zusammen und gingen auch miteinander auf die Jagd. Auf einem ihrer Streifzüge kam ihnen ein Löwe so plötzlich in den Weg, dass der Fuchs fürchtete, er könne nicht mehr entfliehen. Da nahm er zu einer List seine Zuflucht. Mit erkünstelter Freundlichkeit sprach er zum Löwen: "Ich fürchte nichts von dir, großmütiger König! Kann ich dir aber mit dem Fleische meines dummen Gefährten dienen, so darfst du nur befehlen." Der Löwe versprach ihm Schonung, und der Fuchs führte den Esel in eine Grube, in der er sich fing. Brüllend eilte nun der Löwe auf den Fuchs zu und ergriff ihn mit den Worten: "Der Esel ist mir gewiss, aber dich zerreiße ich wegen deiner Falschheit zuerst." Den Verrat benutzt man wohl, aber den Verräter liebt man doch nicht.
Ein Bauer hatte einen Esel und eine Ziege. Weil nun der Esel sehr viel arbeiten und große Lasten tragen musste, erhielt er ein reichlicheres und besseres Futter als die Ziege. Diese beneidete den Esel, und um ihn um die bessere Kost zu bringen, oder doch wenigstens ihm Schläge einzutragen, sprach sie eines Tages zu ihm: "Höre, lieber Freund! Oft schon habe ich dich von Herzen bedauert, dass du Tag für Tag die schwersten Lasten tragen und vom Morgen bis Abend arbeiten musst; ich möchte dir wohl einen guten Rat geben." "Warum nicht?" sagte der Esel, "ich bitte dich sogar darum!" "Nun, so höre: Wenn du an eine Grube kommst, so stürze dich hinein, stelle dich verletzt, und dann wirst du längere Zeit Ruhe haben und nichts arbeiten dürfen." Dem Esel schien dies ein ganz guter Vorschlag, und kaum war er anderntags mit einer Last bei einer Grube angekommen, als er auch schon den Rat befolgte. Wie aus Zufall trat er fehl und stürzte hinein. Aber das hatte er sich nicht gedacht! Halb tot lag er da und dass er sich nicht ein Bein gebrochen, war ein Glück. Ganz geschunden wurde er herausgeholt und konnte sich kaum nach Hause schleppen. Sein Herr hatte nichts Eiligeres zu tun, als zu einem Vieharzt zu schicken, der dann verordnete: der Kranke solle eine frische, pulverisierte Ziegenlunge einnehmen. Da dem Herrn der Esel mehr wert war als die Ziege, so ließ er diese sofort schlachten, um den Esel zu retten. So büßte die Ziege für ihren bösen Rat mit dem Leben. Die Folgen des Neides gereichen nicht selten dem Neider selbst zum Verderben.
Ein Bock und ein Fuchs gingen in der größten Hitze miteinander über die Felder und fanden, von Durst gequält, endlich einen Brunnen, jedoch kein Gefäß zum Wasserschöpfen. Ohne sich lang zu bedenken, sprangen sie, der Bock voraus, hinunter und stillten ihren Durst. Nun erst begann der Bock umherzuschauen, wie er wieder herauskommen könnte. Der Fuchs beruhigte ihn und sagte: "Sei guten Muts, Freund, noch weiß ich Rat, der uns beide retten kann! Stelle dich auf deine Hinterbeine, stemme die vorderen gegen die Wand und recke den Kopf recht in die Höhe, dass die Hörner ganz aufliegen, so kann ich leicht von deinem Rücken hinausspringen und auch dich retten!" Der Bock tat dies alles ganz willig. Mit einem Sprung war der Fuchs gerettet und spottete nun des Bocks voll Schadenfreude, der ihn hingegen mit Recht der Treulosigkeit beschuldigte. Endlich nahm der Fuchs Abschied und sagte: "Ich sehe schlechterdings keinen Ausweg zu deiner Rettung, mein Freund! Höre aber zum Dank meine Ansicht: Hättest du so viel Verstand gehabt als Haare im Bart, so wärest du nie in diesen Brunnen gestiegen, ohne auch vorher zu bedenken, wie du wieder herauskommen könntest!" Vorgetan und nachbedacht, hat manchen in groß Leid gebracht!
Der Esel, der Rabe und der Hirt Auf einer Wiese weidete ein Esel, der sich den Rücken wund geschunden hatte. Dies sah ein Rabe, flog auf den Esel zu, setzte sich auf dessen Rücken und fing an, mit dem Schnabel in das rohe Fleisch zu picken. Dies schmerzte den Esel sehr, und obgleich er sich bemühte, den lästigen Gast los zu werden, gelang es ihm nicht. Wenige Schritte davon lag sein Hüter, der mit einem Worte den Raben hätte vertreiben können. Der aber ergötzte sich an den tollen und possierlichen Sprüngen und Gesichtern, welche der Esel von Schmerz getrieben machte, und lachte laut dazu. "Oh!" rief der Esel aus, "jetzt fühle ich wirklich meine Schmerzen doppelt, weil mich auch der verlacht, der mir helfen könnte und sollte." Statt Hilfe Hohn zum Schaden schmerzt doppelt.
Der Frosch, die Ratte und die Weihe Ein Frosch stritt mit einer Ratte um einen Sumpf. Der Frosch behauptete, dass er ihn mit dem größten Rechte besitze; die Ratte hingegen, dass er ihr gehöre und dass der Frosch ihr denselben abtreten müsse. Dieser wollte aber nichts davon hören, und so gerieten sie bei diesem Streite hart aneinander. wie viel besser hätten sie getan, wenn sie sich verglichen hätten; denn in der Hitze des Streites hatten sie nicht auf die Weihe geachtet, welche in der Ferne gelauert hatte, nun über die Kämpfer herfiel und beide zerriss. Wenn sich zwei Schwache zanken, so endigt oft ein dritter, Mächtigerer
zu seinem Vorteil den Streit.
Ein Esel warf einmal eine Löwenhaut um sich her, lustwandelte mit stolzen Schritten im Wald und schrie sein 'Ia Ia' aus allen Kräften, um die andern Tiere in Schrecken zu setzen. Alle erschraken, nur der Fuchs nicht. Dieser trat keck vor ihn hin und höhnte ihn: "Mein Lieber, auch ich würde vor dir erschrecken, wenn ich dich nicht an deinem 'Ia' erkannt hätte. Ein Esel bist und bleibst du!" Mancher Einfältige in prächtigem Gewande gälte mehr,
wenn er schwiege, denn: Mit Schweigen sich niemand verrät.
Ein Fuchs hatte einen Storch zu Gaste gebeten, und setzte die leckersten Speisen vor, aber nur auf ganz flachen Schüsseln, aus denen der Storch mit seinem langen Schnabel nichts fressen konnte. Gierig fraß der Fuchs alles allein, obgleich er den Storch unaufhörlich bat, es sieh doch schmecken zu lassen. Der Storch fand sich betrogen, blieb aber heiter, lobte außerordentlich die Bewirtung und bat seinen Freund auf den andern Tag zu Gaste. Der Fuchs mochte wohl ahnen, dass der Storch sich rächen wollte, und wies die Einladung ab. Der Storch ließ aber nicht nach, ihn zu bitten, und der Fuchs willigte endlich ein. Als er nun anderen Tages zum Storche kam, fand er alle möglichen Leckerbissen aufgetischt, aber nur in langhalsigen Geschirren. "Folge meinem Beispiele", rief ihm der Storch zu, "tue, als wenn du zu Hause wärest." Und er schlürfte mit seinem Schnabel ebenfalls alles allein, während der Fuchs zu seinem größten Ärger nur das Äußere der Geschirre belecken konnte und nur das Riechen hatte. Hungrig stand er vom Tische auf und gestand zu, dass ihn der Storch
für seinen Mutwillen hinlänglich gestraft habe.
Was du nicht willst, dass man dir tu',
Ein vor Jägern fliehender Fuchs fand, nachdem er lange in der Wildnis herumgelaufen war, endlich einen Holzhacker und bat denselben inständig, ihn doch bei sich zu verbergen. Dieser zeigte ihm seine Hütte, worauf der Fuchs hineinging und sich in einem Winkel versteckte. Als die Jäger kamen und sich bei dem Manne erkundigten, so versicherte dieser zwar durch Worte, er wisse nichts, deutete aber mit der Hand nach dem Orte hin, wo der Fuchs versteckt war. Allein die Jäger hatten nicht darauf geachtet und entfernten sich sogleich wieder. Wie nun der Fuchs sie fortgehen sah, ging er wieder heraus, ohne etwas zu sagen; und als der Holzhacker ihm Vorwürfe machte, dass er ihm, durch den er doch gerettet worden sei, keinen Dank bezeuge, drehte sich der Fuchs nochmals um und sprach: "Ich wüsste dir gerne Dank, wenn die Werke deiner Hand und deine Gesinnung mit deinen Reden im Einklange ständen." Die Fabel geht diejenigen an, die zwar die Rechtschaffenheit im Munde
führen, durch ihre Handlungen aber das Gegenteil an den Tag legen.
Eine Maus und ein Spatz saßen an einem Herbstabend unter einem Weinstock und plauderten miteinander. Auf einmal zirpte der Spatz seiner Freundin zu: "Versteck dich, der Fuchs kommt", und flog rasch hinauf ins Laub. Der Fuchs schlich sich an den Weinstock heran, seine Blicke hingen sehnsüchtig an den dicken, blauen, überreifen Trauben. Vorsichtig spähte er nach allen Seiten. Dann stützte er sich mit seinen Vorderpfoten gegen den Stamm, reckte kräftig seinen Körper empor und wollte mit dem Mund ein paar Trauben erwischen. Aber sie hingen zu hoch. Etwas verärgert versuchte er sein Glück noch einmal. Diesmal tat er einen gewaltigen Satz, doch er schnappte wieder nur ins Leere. Ein drittes Mal bemühte er sich und sprang aus Leibeskräften. Voller Gier huschte er nach den üppigen Trauben und streckte sich so lange dabei, bis er auf den Rücken kollerte. Nicht ein Blatt hatte sich bewegt. Der Spatz, der schweigend zugesehen hatte, konnte sich nicht länger beherrschen und zwitscherte belustigt: "Herr Fuchs, Ihr wollt zu hoch hinaus!" Die Maus äugte aus ihrem Versteck und piepste vorwitzig: "Gib dir keine Mühe, die Trauben bekommst du nie." Und wie ein Pfeil schoss sie in ihr Loch zurück. Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte
hochmütig: "Sie sind mir noch nicht reif genug, ich mag keine sauren
Trauben." Mit erhobenem Haupt stolzierte er in den Wald zurück.
Ein hungriger Hahn scharrte auf einem Misthaufen nach Fruchtkörnern und fand einen Diamanten. Unmutig stieß er ihn beiseite und rief aus: "Was nützt einem Hungrigen ein kostbarer Stein; sein Besitz macht wohl reich, aber nicht satt. Wie gerne würde ich diesen Schatz um nur einige Gerstenkörner geben." Das Stücklein Brot, das dich ernährt, ist mehr als Gold und
Perlen wert.
Ein gutes, altes Hausmütterchen weckte ihre Mägde alle Morgen gewöhnlich mit dem ersten Hahnenschrei. Dies frühe Aufwecken und Aufstehen verdross diese. "Wäre der verzweifelte Hahn nicht", sagten sie, "so dürften wir auch länger schlafen", und so drehten sie ihm den Hals um. Aber oft und viel wünschten sie ihn ins Leben zurück, weil sie von der Hausfrau, welche altershalber wenig schlief und ihre gewohnte Hausuhr, den Hahn, nicht mehr hatte, nun sogar um Mitternacht geweckt wurden. Man sucht oft kleinen Unannehmlichkeiten zu entgehen, und kommt in weit
größere.
Ein einäugiger Hirsch weidete gewöhnlich auf Wiesen neben dem Meer, und zwar so, dass er immer das gesunde Auge landwärts hielt und wähnte, von der Seeseite her habe er keine Gefahr zu fürchten. Das Schicksal hatte es anders beschlossen. Eines Tages segelte ein Schiff bei ihm vorbei, und da sein gesundes Auge dem Lande zugekehrt war, so bemerkte er es nicht und weidete nichts ahnend fort. Kaum hatten die Schiffer aber die köstliche Beute erblickt, als sie auch schon Pfeile nach ihm abschossen. Ein Pfeil traf ihn gerade ins Herz, und zusammenstürzend rief er aus: "Wie sehr habe ich mich getäuscht, dass ich nur vom Lande her Gefahr erwartete." Nur zu oft weicht man vorsorglich einer Gefahr aus und gerät dabei
unvorsichtig in eine andere.
Ein Hirsch, von einem Jäger bemerkt, flüchtete, geriet aber dabei in eine Höhle, in der zu seinem Unglück ein Löwe hauste. Diesem kam er gerade recht. Ohne weitere Umstände erwürgte er den Hirsch. "Oh!" rief dieser sterbend aus, "wie unglücklich sind wir, während wir dem einen Feind zu entrinnen suchen, laufen wir dem andern in die Arme." In blinder Hast entgeht man oft einer Gefahr und kommt dabei in einer
größeren um. Man muss vorne und hinten Augen haben.
Ein Hirte, der einen erst kurz geworfenen jungen Wolf gefunden hatte, nahm ihn mit sich und zog ihn mit seinen Hunden auf. Als derselbe herangewachsen war, verfolgte er, sooft ein Wolf ein Schaf raubte, diesen auch zugleich mit den Hunden. Da aber die Hunde den Wolf zuweilen nicht einholen konnten und deshalb wieder umkehrten, so verfolgte ihn jener allein und nahm, wenn er ihn erreicht hatte, als Wolf ebenfalls teil an der Beute; hierauf kehrte er zurück. Wenn jedoch kein fremder Wolf ein Schaf raubte, so brachte er selbst heimlich eines um und verzehrte es gemeinschaftlich mit den Hunden, bis der Hirte, nach langem Hin- und Herraten das Geschehene inneward, ihn an einen Baum aufhängte und tötete. Die Fabel lehrt, dass die schlimme Natur keine gute Gemütsart aufkommen
lässt.
Man sagt, dass zur Zeit, als die Tiere noch sprechen konnten, das Schaf
zu seinem Herrn geredet habe: "Du tust sonderbar daran, dass du uns, die
wir dir Wolle, Käse und Lämmer schenken, nichts gibst, als was
wir uns auf der Erde selbst suchen, dem Hunde aber, der dir nichts dergleichen
gewährt, von jeder Speise mitteilst, die du selbst hast." Als der
Hund dies hörte, soll er gesagt haben: "Beim Jupiter, ich bin es ja,
der dich und deine Gefährten bewacht, damit ihr nicht von Dieben gestohlen
oder vom Wolfe zerrissen werdet. Denn ihr würdet, wenn ich euch nicht
bewachte, nicht einmal in Ruhe weiden können." Hierauf soll es auch
das Schaf recht und billig gefunden haben, dass der Hund ihm vorgezogen
wurde.
Der Hund und das Schaf Ein Hund brachte vor Gericht vor, er habe dem Schaf Brot geliehen; das Schaf leugnete alles, der Kläger aber berief sich auf drei Zeugen, die man vernehmen müsste, und brachte drei bei. Der erste dieser Zeugen, der Wolf, behauptete, er wisse gewiss, dass der Hund dem Schaf Brot geliehen habe; der zweite, der Habicht, sagte, er sei dabei gewesen; der dritte, der Geier, hieß das Schaf einen unverschämten Lügner. So verlor das Schaf den Prozess, musste alle Kosten tragen und zur Bezahlung des Hundes Wolle von seinem Rücken hergeben. Wenn sich Kläger, Richter und Zeugen wider jemand vereinigt haben,
so hilft die Unschuld nichts.
Der Hund und das Stück Fleisch Ein großer Hund hatte einem kleinen, schwächlichen Hündchen ein dickes Stück Fleisch abgejagt. Er brauste mit seiner Beute davon. Als er über eine schmale Brücke lief, fiel zufällig sein Blick ins Wasser. Wie vom Blitz getroffen blieb er stehen, denn er sah unter sich einen Hund, der gierig seine Beute festhielt. "Der kommt mir zur rechten Zeit", sagte der Hund auf der Brücke, "heute habe ich wirklich Glück. Sein Stück Fleisch scheint noch größer zu sein als meins." Gefräßig stürzte sich der Hund kopfüber in den Bach und biss nach dem Hund, den er von der Brücke aus gesehen hatte. Das Wasser spritzte auf. Er ruderte wild im Bach umher und spähte hitzig nach allen Seiten. Aber er konnte den Hund mit dem Stück Fleisch nicht mehr entdecken, er war verschwunden. Da fiel dem Hund sein soeben erbeutetes, eigenes Stück ein. Wo
war es geblieben? Verwirrt tauchte er unter und suchte danach. Doch vergeblich,
in seiner dummen Gier war ihm auch noch das Stück Fleisch verloren
gegangen, das er schon sicher zwischen seinen Zähnen gehabt hatte.
Es war in einem strengen Winter. Ein Wolf hatte schon seit Tagen vom Hunger geplagt den Wald durchzogen und nach Nahrung gesucht. Jeder Bissen hätte ihn erfreuen können, selbst der Rest einer verwesenden Maus, so ausgehungert war er. Ein mageres Hündchen lief im unvorsichtigerweise über den Weg. Es bibberte vor Furcht und Kälte. "Du kommst mir wie gerufen", freute sich der Wolf und packte den ängstlichen Dreikäsehoch beim Fell. "Halt, lieber Wolf, nicht so unüberlegt, siehst du denn nicht, wie ausgezehrt ich bin? Du musst dich ja vor mir ekeln" "Quatsch keinen Unsinn, ich bin nicht wählerisch", knurrte der Wolf verärgert. "Du bringst dich um den besten Bissen deines Lebens!" kläffte das Hündchen. "Du müsstest mich erst einmal sehen, wenn ich mich morgen von den unzähligen Köstlichkeiten des Hochzeitsmahls gemästet habe. Morgen werde ich wohlgenährt sein und strotzen vor Fett. Denn dann heiratet die Tochter meines Herrn einen steinreichen Gutsbesitzer. Speisen gibt es dort, Speisen! Feinster Rehbraten, würziger Schinken, Kalbsnieren und Hammelkeulen, Rindsbraten und duftende Mettwürste!" Der pfiffige Köter machte dem Wolf den Mund wässrig mit einer endlosen Aufzählung auserwählter Leckereien. "Das wäre ein Essen für dich", schloss er seine Schilderung, "und nicht meine miese Figur von heute. Komm morgen Nacht auf unseren Hof, dann will ich dir dienen. Aber sei leise, mein Herr hat gute Ohren." Der Wolf war ganz verrückt geworden von all den herrlichen Speisen, die der kleine Schlauberger ihm vorgesponnen hatte. Er ging auf den Vorschlag des Hündchens ein und ließ es laufen. In der folgenden Nacht schlich er behutsam auf den Hof, um ein Festmahl zu halten. Der kleine Hund lag auf einem Vordach und rief: "Willkommen, lieber Wolf! Ich freue mich, dass du meine Einladung angenommen hast. Warte einen Augenblick, ich will meinem Herrn sofort Bescheid geben, damit er kommt und dich festlich bewirtet." Und er bellte aus Leibeskräften. Sofort schlugen auch die Wachthunde an, und der Herr stürmte bald
darauf aus dem Haus, um die Hunde loszulassen. Aber der Wolf war schon
laut schimpfend geflüchtet.
Ein Landmann stellte den Kranichen Netze und fing unter einer Menge derselben auch einen Storch. Dieser stellte sich lahm, bat um seine Freiheit, berief sich auf sein gutes Herz, auf die Ehrerbietung, womit er seine Eltern unterstütze, auf sein Verdienst in Vertilgung schädlicher Tiere, und wie er ja schon dem Äußern nach den Kranichen nicht ähnlich sei. "Alles gut", sagte der Landmann, "allein ich behandle dich nach deiner
schlechten Gesellschaft!"
Mitgefangen, mitgehangen!
Der Löwe mit anderen Tieren auf der Jagd Der Löwe, ein Schaf und andere Tiere gingen zusammen auf die Jagd. Der Löwe schwur, er wolle nach ihrer Zurückkunft alles Erbeutete mit ihnen redlich teilen. Als nun ein Hirsch in einem Sumpfe stecken blieb, wo gerade das Schaf Wache hielt, meldete dieses dem Löwen den Vorfall. Der Löwe eilte herbei, erwürgte den Hirsch und teilte die Beute in vier gleiche Teile. "Der erste Teil gehört mir", sagte er nun zu den Umstehenden, "weil ich der Löwe bin; der zweite, weil ich der Herzhafteste unter euch bin; den dritten müsst ihr mir als dem Stärksten überlassen, und den werde ich auf der Stelle erwürgen, welcher mir den vierten abspricht." So behielt der Löwe den ganzen Hirsch, ohne dass es seine Jagdgenossen auch nur wagen durften, darüber zu klagen. Mit einem starken Gewalttätigen gehe nicht gemeinschaftlich auf
Geschäfte aus, er teilet immer zum Nachteil des Schwächeren.
Der Löwe und der Esel schlossen ein Bündnis und gingen miteinander auf die Jagd. Zufällig kamen sie zu einer Höhle, in welcher wilde Ziegen waren. Der Löwe blieb beim Ausgange derselben stehen und bemächtigte sich der Herauskommenden, während der Esel in die Höhle trat und ein solches Geschrei machte, dass die erschreckten Tiere herausflohen. Nachdem der Löwe die meisten ergriffen hatte, trat der Esel ins Freie und fragte seinen Gefährten, ob er nicht tapfer gekämpft und die Ziegen ordentlich herausgescheucht habe. Der Löwe antwortete ihm: "Ich selbst hätte mich gefürchtet, wenn ich nicht gewusst hätte, dass du ein Esel bist." Diejenigen, welche sich Kundigen gegenüber rühmen, setzen
sich mit Recht dem Gelächter aus.
Eine Mücke forderte mit den übermütigsten Worten einen Löwen zum Zweikampf heraus: "Ich fürchte dich nicht, du großes Ungeheuer", rief sie ihm zu, "weil du gar keine Vorzüge vor mir hast; oder nenne sie mir, wenn du solche zu haben glaubst; etwa die, dass du deinen Raub mit Krallen zerreißest und mit Zähnen zermalmest? Jedes andere feige Tier, wenn es mit einem Tapfern kämpft, tut dasselbe, es beißt und kratzt. Du sollst aber empfinden, dass ich stärker bin als du!" Mit diesen Worten flog sie in eines seiner Nasenlöcher und stach ihn so sehr, dass er sich vor Schmerz selbst zerfleischte und sich für überwunden erklärte. Stolz auf diesen Sieg flog die Mücke davon, um ihn aller Welt auszuposaunen,
übersah aber das Gewebe einer Spinne und verfing sich in demselben.
Gierig umarmte die Spinne sie und sog ihr das Heldenblut aus. Sterbend
empfand die Mücke ihre Nichtigkeit, indem sie, die Besiegerin des
Löwen, einem so verächtlichen Tiere, einer Spinne, erliegen musste.
Ein alter Löwe lag krank in seiner Höhle; alle Tiere besuchten ihn; nur der Fuchs zögerte. Der Wolf ergriff diese erwünschte Gelegenheit, seinem Todfeind zu schaden, und brachte die harte Klage gegen ihn vor: es sei Stolz und Verachtung, dass er seinem Herrn und König nicht den schuldigen Besuch mache. Wie der Wolf noch so sprach, kam gerade der Fuchs dazu und vernahm aus dem Schluss der Rede, dass er verleumdet worden sei. Kaum sah er den Zorn des Löwen, als er auch schon schnell eine List bei der Hand hatte, sich zu verteidigen. Demütig bat er den Löwen um die Erlaubnis, reden zu dürfen, und als er sie mit Mühe erhalten hatte, sprach er: "Gibt es wohl ein Tier, das mehr um das Leben unseres großmütigen Königs besorgt wäre als ich? Kaum hatte ich Kunde von Eurer Krankheit erhalten, als ich auch schon unermüdlich nach einem Mittel suchte, Eure Gesundheit herzustellen. Glücklich habe ich es vor einer Stunde gefunden." Bei dieser Rede legte sich der Zorn des Löwen, und er fragte schnell, was das für ein Mittel sei. "Hülle deinen Bauch und deine Rippen", sagte der Fuchs, "in eine frisch abgezogene, noch warme Wolfshaut, so bist du wiederhergestellt." Erfreut ließ der Löwe dem Wolf lebendig die Haut abziehen. Dies Geschäft besorgte der Fuchs selbst und raunte dem Wolf zu: "Wie du mir, so ich dir." Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Der Löwe, der Fuchs und der Esel Ein Löwe, ein Fuchs und ein Esel gingen miteinander auf die Jagd, nachdem sie vorher einig geworden waren, den Raub ganz gleich unter sich zu verteilen. Ihre Beute war groß. Der Esel erhielt vom Löwen den Befehl zur Teilung, die er auch so gewissenhaft als möglich veranstaltete, und bat dann den Löwen, zu wählen. Allein ergrimmt zerriss ihn der Löwe und übertrug dem Fuchs eine neue Teilung. Dieser häufte alles zusammen, legte den Esel obenauf und erbat sich nur etwas Weniges für seine Mühe. "Schön, mein Freund", sagte der Löwe, "sage mir doch, wer hat dich so schön teilen gelehrt?" "Das Schicksal des Esels", war seine Antwort. Unfälle des Nebenmenschen sollen uns witzigen.
Ein Mäuschen lief über einen schlafenden Löwen. Der Löwe erwachte und ergriff es mit seinen gewaltigen Tatzen. "Verzeihe mir", flehte das Mäuschen, "meine Unvorsichtigkeit, und schenke mir mein Leben, ich will dir ewig dafür dankbar sein. Ich habe dich nicht stören wollen." Großmütig schenkte er ihr die Freiheit und sagte lächelnd zu sich, wie will wohl ein Mäuschen einem Löwen dankbar sein. Kurze Zeit darauf hörte das Mäuschen in seinem Loche das fürchterliche Gebrüll eines Löwen, lief neugierig dahin, von wo der Schall kam, und fand ihren Wohltäter in einem Netze gefangen. Sogleich eilte sie herzu und zernagte einige Knoten des Netzes, so dass der Löwe mit seinen Tatzen das übrige zerreißen konnte. So vergalt das Mäuschen die ihm erwiesene Großmut. Selbst unbedeutende Menschen können bisweilen Wohltaten mit Wucher
vergelten, darum behandle auch den Geringsten nicht übermütig.
Ein Fuchs war einmal auf Jagd gegangen, einen guten Bissen zu erbeuten. Er war noch nicht lange unterwegs, als er ein lautes Streiten vernahm. Ein Bär schlug mit seinen Tatzen nach einem Löwen und fauchte ihn wütend an: "Ich war der erste beim Hirschkalb. Die Beute gehört mir, ich habe sie gefangen." "Nein!" brüllte der Löwe zornig zurück. "Du lügst! Ich war als erster hier, und darum gehört die Beute mir." Er wehrte sich kräftig und schnappte mit seinen scharfen Zähnen nach dem Fell des Bären. Der Löwe und der Bär kämpften verbissen miteinander. Dem Fuchs erschien der Kampf endlos, denn nicht weit von ihm entfernt lag die Streitbeute, und er musste sich zusammenreißen, dass er sich nicht gleich auf das Hirschkalb stürzte. Aber er war klug und sagte sich: "Sind die Streitenden erst erschöpft, so können sie mir nichts mehr anhaben." Als der Bär und der Löwe nach unerbittlichem Kampf endlich
kraftlos zusammenbrachen, waren sie tatsächlich nicht mehr fähig,
sich zu rühren. Der Fuchs schritt an ihnen vorbei und holte sich die
Beute. Er verneigte sich höflich und sagte: "Danke, meine Herren,
sehr freundlich, wirklich sehr freundlich!" Lachend zog er mit dem Hirschkalb
ab.
Auf einem sehr steilen Felsen erblickte ein Löwe eine Ziege. "Komm doch", rief er ihr zu, "auf diese schöne fette Wiese herab, wo du die trefflichsten Gräser und Kräuter findest, während du dort oben darbest." "Ich danke dir schön für dein Anerbieten", sprach die kluge Ziege, die wohl die Absicht des Löwen erkannte. "Dir liegt mehr an meinem Fleisch als an meinem Hunger. Hier oben bin ich vor dir sicher, während du mich dort unten sofort verschlingen würdest." Trau, schau, wem?
Ein Löwe lag alt und schwach in seiner Höhle und war nicht mehr fähig, selbst auf die Jagd zu gehen. Er wäre elend zugrunde gegangen. Doch in seiner Not ließ er in seinem Reich die Botschaft von seinem nahen Tode verbreiten und allen Untertanen befehlen, an den königlichen Hof zu kommen. Er wolle von jedem persönlich Abschied nehmen. Nacheinander trudelten die Tiere vor der Höhle des Löwen ein, und der König der Tiere rief jeden zu sich. Mit kleinen Geschenken gingen sie einzeln zu ihm hinein, denn sie erhofften sich alle großen Vorteil davon. Ein gerissener Fuchs hatte eine Zeit lang in der Nähe der Höhle verbracht und das Kommen beobachtet. "Seltsam", dachte er, "alle Tiere gehen in die Höhle hinein, aber niemand kehrt daraus zurück. Die Burg des Königs ist zwar geräumig, so groß ist sie nun auch nicht, dass sie alle Untertanen aufnehmen kann. Eigentlich müsste sie schon lange überfüllt sein. Vorsichtig trat der Fuchs vor den Eingang und rief höflich: "Herr König, ich wünsche Euch ewige Gesundheit und einen guten Abend." "Ha, Rotpelz, du kommst sehr spät", ächzte der Löwe, als läge er wirklich schon in den letzten Zügen, "hättest du noch einen Tag länger gezögert, so wärest du nur noch einem toten König begegnet. Sei mir trotzdem herzlich willkommen und erleichtere mir meine letzten Stunden mit deinen heitern Geschichten." "Seid Ihr denn allein?" erkundigte der Fuchs sich mit gespieltem Erstaunen. Der Löwe antwortete grimmig: "Bisher kamen schon einige meiner Untertanen, aber sie haben mich alle gelangweilt, darum habe ich sie wieder fortgeschickt. Jedoch du, Rotpelz, bist lustig und immer voll pfiffiger Einfälle. Tritt näher, ich befehle es dir." "Edler König", sprach der Fuchs demütig, "Ihr gebt mir ein
schweres Rätsel auf. Unzählige Spuren im Sand führen in
Eure Burg hinein, aber keine einzige wieder heraus, und Eure Festung hat
nur einen Eingang. Mein Gebieter, Ihr seid mir zu klug. Ich will Euch nicht
mit meiner Dummheit beleidigen und lieber wieder fortgehen. Eines aber
will ich für Euch tun, ich werde dieses Rätsel für mich
behalten." Der Fuchs verabschiedete sich und ließ den Löwen
allein.
Ein Mensch wollte ein Rebhuhn schlachten, als dieses aufs kläglichste bat, sein Leben zu schonen; es wolle, versprach es, aus Erkenntlichkeit eine Menge Rebhühner in seine Netze locken. "Oh, wie schlecht ist das von dir", antwortete der Mensch, "und um so mehr will ich dich umbringen, weil du niederträchtig genug bist, um dich zu retten, deine Freunde ins Verderben zu stürzen." Ein edler Mensch wird nie, um sich herauszuziehen, andern Verderben
bereiten.
Ein mit Salz beladener Esel musste durch einen Fluss, fiel hin und blieb einige Augenblicke behaglich in der kühlen Flut liegen. Beim Aufstehen fühlte er sich um einen großen Teil seiner Last erleichtert, weil das Salz im Wasser geschmolzen war. Langohr merkte sich diesen Vorteil und wandte ihn gleich am folgenden Tage an, als er mit Schwämmen belastet durch ebendiesen Fluss ging. Diesmal fiel er absichtlich nieder, sah sich aber arg getäuscht. Die Schwämme hatten nämlich das Wasser angezogen und waren bedeutend schwerer als vorher. Die Last war so groß, dass er erlag. Sei vorsichtig mit Mitteln: das eine dient nicht für jeden Fall.
Der Ochsentreiber und Herkules Ein Ochsentreiber fuhr mit einem Wagen, welcher mit Holz schwer beladen
war, nach Hause.
Ein Pfau und eine Dohle stritten sich um die Vorzüge ihrer Eigenschaften. Der Pfau brüstete sich mit dem Glanz, der Farbe und der Größe seiner Federn. Die Dohle gab all dieses zu und bemerkte nur, dass alle diese Schönheiten zur Hauptsache nicht taugten - zum Fliegen. Sie flog auf, und beschämt blieb der Pfau zurück. Sei nicht stolz auf bloß äußerliche Vorzüge.
Der
Vogelsteller und die Schlange
Ein Vogelsteller nahm Leim und Rohre und ging hinaus auf den Fang. Als er auf einem hohen Baume eine Drossel sitzen sah, befestigte er die Rohre der Länge nach aneinander und blickte in der Absicht, sie zu fangen, in die Höhe. Da trat er unvermerkt auf eine unter seinen Füßen liegende Schlange. Diese wurde zornig und biss ihn; er aber sagte noch im Verscheiden: "O ich Elender, während ich einen andern fangen wollte, bin ich selber von einem andern in den Tod gejagt worden." Die Fabel lehrt, dass die, so ihren Nebenmenschen nachstellen, oft unversehens
von andern das gleiche erfahren.
Ein Wolf hatte ein Schaf erbeutet und verschlang es so gierig, dass ihm ein Knochen im Rachen stecken blieb. In seiner Not setzte er demjenigen eine große Belohnung aus, der ihn von dieser Beschwerde befreien würde. Der Kranich kam als Helfer herbei; glücklich gelang ihm die Kur, und er forderte nun die wohlverdiente Belohnung. "Wie?" höhnte der Wolf, "du Unverschämter! Ist es dir nicht Belohnung genug, dass du deinen Kopf aus dem Rachen eines Wolfes wieder herausbrachtest? Gehe heim, und verdanke es meiner Milde, dass du noch lebest!" Hilf gern in der Not, erwarte aber keinen Dank von einem Bösewichte,
sondern sei zufrieden, wenn er dich nicht beschädigt.
Einige Hirten schlachteten ein Schaf, verzehrten es in ihrer Hütte und ließen es sich bei diesem Mahl wohl sein. Ein Wolf, der gerade aufs Rauben ausging, sah neidisch zu und seufzte: "Ach! Welchen Lärm würde es geben, wenn ich nur ein einziges Lämmchen raubte! Und diese Burschen verzehren ein ganzes Schaf ungestraft!" "Halt ein, Räuber", rief ein Hirt, der dies mit anhörte, "wir verzehren nur unser Eigentum!" missgönne andern ihr Eigentum nicht, weil du für dich danach
lüstern bist.
Ein wilder Hund fror im Winter jämmerlich. Er kroch in eine Höhle, rollte sich zusammen, zitterte vor Kälte und sprach vor sich hin: »Wenn es nur wieder Sommer und warm wird, dann will ich mir eine Hütte bauen, damit ich im nächsten Winter nicht mehr frieren muss.« Als aber der Sommer mit seiner wohltuenden Wärme kam, hatte er seine guten Vorsätze vergessen. Er lag da, reckte und streckte sich, blinzelte behaglich in die Sonne
und dachte nicht mehr daran, sich eine Hütte zu bauen. Der nächste
Winter war bitter kalt, und der Hund musste erfrieren.
Löwe, Esel und Fuchs schlossen einen Bund und gingen zusammen auf
die Jagd.
Da schmunzelte der Löwe: »Ei, mein Bester, wer hat dich so
richtig teilen gelehrt?«
Zwei Frösche, deren Tümpel die heiße Sommersonne ausgetrocknet hatte, gingen auf die Wanderschaft. Gegen Abend kamen sie in die Kammer eines Bauernhofs und fanden dort eine große Schüssel Milch vor, die zum Abrahmen aufgestellt worden war. Sie hüpften sogleich hinein und ließen es sich schmecken. Als sie ihren Durst gestillt hatten und wieder ins Freie wollten, konnten sie es nicht: die glatte Wand der Schüssel war nicht zu bezwingen, und sie rutschten immer wieder in die Milch zurück. Viele Stunden mühten sie sich nun vergeblich ab, und ihre Schenkel
wurden allmählich immer matter. Da quakte der eine Frosch: »Alles
Strampeln ist umsonst, das Schicksal ist gegen uns, ich geb's auf!«
Er machte keine Bewegung mehr, glitt auf den Boden des Gefäßes
und ertrank. Sein Gefährte aber kämpfte verzweifelt weiter bis
tief in die Nacht hinein. Da fühlte er den ersten festen Butterbrocken
unter seinen Füßen, er stieß sich mit letzter Kraft ab
und war im Freien.
Von zwei Hähnen, welche um Hennen miteinander kämpften, behielt
der eine die Oberhand über den andern.
Eine Fledermaus fiel in das Gras. Sofort stürzte ein Wiesel auf sie zu und wollte sie verspeisen. "Ach!" piepste die Fledermaus in Todesangst. "Was willst du? - Was tust du? O lasse mich am Leben!" "Ich kann nicht, ich hasse dich, weil ich alle Vögel hasse", fauchte das Wiesel. Die Fledermaus besann sich einen Augenblick. "Ich bin doch kein Vogel; ich kann die Vögel nicht leiden; ich bin doch eine Maus!" beteuerte sie. - Da schenkte ihr das Wiesel das Leben. Kurze Zeit nachher hatte die Fledermaus dasselbe Unglück. Wieder war ein Wiesel daran, ihr den Hals durchzubeißen. "Du sollst augenblicklich gefressen werden", sagte es, "ich hasse alle Mäuse und dich auch!" "Aber ich bin doch keine Maus, ich kann die Mäuse nicht leiden! Ich bin doch ein Vogel!" - beteuerte die Fledermaus. "Was du nicht sagst -, entschuldige!" antwortete das Wiesel. Und die
Fledermaus kam wirklich wieder mit dem Leben davon.
Die Frösche erbaten sich einst von Jupiter einen König. Er warf ihnen einen Klotz zu. Das Getöse jagte sie anfangs in die Tiefe, bald aber wagten sie, ihre Köpfe herauszurecken und ihren neuen König zu betrachten, der noch auf dem Wasser schwamm; und bald hüpften sie kühn auf ihn hinauf, verächtlich grüßten sie ihn als König; erbaten sich dann aber doch einen andern, der auch ein bisschen regieren könne. Im Zorn gab ihnen Jupiter eine Schlange, welche ihre Regierung auch sofort mit aller Strenge anfing und einen Untertanen nach dem andern verschlang. Bald blieb dem Überrest nichts übrig, als nochmals um einen andern Oberherrn zu bitten; allein Jupiter sprach mit Donnerstimme: "Euch ist geschehen, wie ihr wolltet! Ertragt nun dies Unglück mit Fassung!" Der Unzufriedene lernt immer zu spät, dass das Alte besser war.
Die Hasen klagten einst über ihre missliche Lage; "wir leben", sprach ein Redner, "in steter Furcht vor Menschen und Tieren, eine Beute der Hunde, der Adler, ja fast aller Raubtiere! Unsere stete Angst ist ärger als der Tod selbst. Auf, lasst uns ein für alle Mal sterben." In einem nahen Teich wollten sie sich nun ersäufen; sie eilten ihm zu; allein das außerordentliche Getöse und ihre wunderbare Gestalt erschreckte eine Menge Frösche, die am Ufer saßen, so sehr, dass sie aufs schnellste untertauchten. " Halt", rief nun eben dieser Sprecher, "wir wollen das Ersäufen noch ein wenig aufschieben, denn auch uns fürchten, wie ihr seht, einige Tiere, welche also wohl noch unglücklicher sein müssen als wir." Lass dich nie durchs Unglück niederschlagen; es gibt immer noch
Unglücklichere, mit deren Lage du nicht tauschen würdest.
Eine Henne fand durch Zufall Schlangeneier und legte sie mit dem größten Entzücken und besonderer Sorgfalt in die gehörige Ordnung, um sie auszubrüten. Schon stellte sie sich die Freude vor, welche sie an ihren Küchlein haben würde, wenn sie anfingen zu gehen, wenn sie ihnen das Futter aufscharrte und zeigte, wenn sie auf ihr Rufen herbeieilten und es picken lernten, und wenn sie endlich groß, stark, schön und folgsam geworden wären. Jedoch ihre Freude währte nicht lange; eine Schwalbe traf sie über dieser Beschäftigung an und belehrte sie eines Bessern: "Du Törin", sagte sie, "du würdest dir eine Brut erziehen, welche dir die Mühe nur mit dem Tod lohnen würde!" Erziehst du dir einen Raben,
Jupiter wollte den Vögeln einen König geben und setzte einen
Tag fest, an welchem sie zusammenkommen sollten.
Auch jene Menschen, die sich durch fremde Macht erhoben haben und sich
nun ihres Reichtums brüsten, gewähren, wenn jeder zurückfordert,
was ihm gebührt, einen kläglichen Anblick und sind dann nichts
mehr, als was sie früher waren.
Eine eitle Krähe wollte schöner sein, als sie wirklich war, und zierte sich mit allerlei bunten Federn von andern Vögeln, hauptsächlich von Pfauen. Allein um die Eitelkeit zu bestrafen und ihr Eigentumsrecht auszuüben, fielen diese über sie her und entrissen ihr nicht nur die geraubten Federn, sondern auch einen Teil ihrer eigenen. Armseliger wie vorher, stand sie nun wieder da, ein Spott der ihrigen und eine Warnung für alle Eitlen. Prahle nie mit erborgtem Schimmer, Spott ist sonst dein Lohn.
Eine Füchsin, die auf ihre Fruchtbarkeit stolz war, schalt eine
Löwin, dass sie nur ein einziges Junges zur Welt brächte. Die
Löwin antwortete ihr darauf: "Fürwahr, ich bringe nur eines zur
Welt, aber dieses einzige ist ein Löwe."
Eine Maus schloss zu ihrem Verderben mit einem Frosche Freundschaft und lud ihn zum Mahle ein. Der Frosch band den Fuß der Maus an seinen eigenen an, und so gingen sie zuerst zu einem Orte, wo viele Speisen vorhanden waren. Der Frosch stillte hier seinen Hunger und beschloss, die Maus, da er ihr gutes Leben beneidete, zu verderben. Als sie bald darauf an den Rand eines Sees kamen, zog er sie in das tiefe Wasser. Die unglückliche Maus kam im Wasser um und schwamm in demselben, an den Fuß des Frosches angebunden, umher; doch ein Taubenfalke erblickte die Maus und fasste sie mit seinen Krallen. Da sich der Frosch nicht losmachen konnte, entführte er ihn gleichfalls in die Luft, wo er zuerst die Maus und dann jenen selbst verspeiste. Auch ein Toter ist imstande, das an ihm begangene Unrecht zu rächen,
denn die Gottheit, die alles erblickt, teilt jedem sein gerechtes Schicksal
zu.
Eine Schildkröte, wegen ihrer Langsamkeit von einem Hasen gehöhnt, wagte es doch, ihn zu einem Wettlauf herauszufordern, den er auch, mehr aus Scherz als aus Prahlerei, annahm. Der Tag des Wettlaufs kam; das Ziel wird bestimmt, beide betreten in dem nämlichen Augenblick die Bahn. Die Schildkröte kriecht langsam, jedoch unermüdlich fort: der Hase legt sich, um den Hohn gegen die Schildkröte aufs höchste zu treiben, nach unendlich vielen Seitensprüngen, nur noch wenige Schritte vom Ziele entfernt, in das Gras nieder und schläft aus Mattigkeit ein, bis er durch der Zuschauer lauten Jubel geweckt, die Schildkröte bereits oben an dem Ziel erblickt. Schon sah er sie zurückkehren, ging aber aus Scham auf die Seite und gestand frei: in seinem zu großen Vertrauen auf seine Behändigkeit habe ihn das langsamste Tier von der Welt beschämt. Oft werden gute, aber flatterhafte Köpfe von mittelmäßigen,
aber anhaltend fleißigen, eingeholt, ja übertroffen.
Eine Schlange, welche ihren Verschlupf im Vorhofe eines Landmannes hatte, tötete dessen kleines Kind, worüber die Eltern in tiefe Trauer gerieten. In seiner Betrübnis ergriff der Vater ein Beil und wollte die Schlange, sobald sie hervorkäme, totschlagen. Wie sie nun den Kopf ein wenig herausstreckte, wollte er schnell auf sie loshauen, allein er verfehlte sie und traf nur die Öffnung ihres Schlupfwinkels. Nachdem sich die Schlange wieder in ihr Loch zurückgezogen hatte, glaubte der Landmann, sie denke nicht mehr an die Beleidigung, nahm Brot und Salz und setzte es vor die Höhle. Die Schlange aber zischte ganz fein und sprach. "Nun und nimmer kann Zutrauen und Freundschaft zwischen uns bestehen, solange ich den Stein sehe und du das Grab deines Kindes." Die Fabel lehrt, dass niemand Hass und Rache vergisst, solange er ein
Denkmal dessen, was ihn in Betrübnis versetzte, vor Augen hat.
Ein Vogel, weicher glaubte, dass er die Denk- und Handlungsweise der Menschen genau kenne, versammelte eines Tages eine Menge Vögel um sich und sprach zu ihnen: "Die Menschen säen den Hanf in keiner andern Absicht, als um Schlingen daraus zu machen und uns einzufangen. Daher ist es unsere Pflicht, diesen Samen beizeiten auszurotten." Die Schwalbe, die auch zugegen war, entgegnete, dass sie es für weit besser halte, die Freundschaft der Menschen zu suchen. Als ihr Rat keine Zustimmung fand, so verließ sie ihre Waldgenossen, flog in die Stadt und vertilgte die schädlichen Insekten. Die Menschen sahen bald ihre Nützlichkeit ein und ließen
sie ungestört ihr Nest an den Häusern bauen. Die anderen Vögel
schadeten den Menschen, wo sie nur konnten, und wurden allerdings stark
und oft fett dabei. Aber es reifte auch der Hanf und wurde zu Schlingen
verarbeitet, mit denen täglich eine Menge Vögel gefangen wurde,
welche mit den Menschen hätten in Ruhe und Freundschaft leben können.
Besser wenigeres in Frieden und nützlicher Tätigkeit, als
vielleicht ein Wohlleben, aber mit Gefahr und auf unrechtem Weg.
Eine Landmaus hatte ihre Freundin, eine Stadtmaus, zu sich eingeladen und empfing sie in ihrer sehr bescheidenen Wohnung aufs freundlichste. Um ihren Mangel der sehr verwöhnten Städterin nicht merken zu lassen, hatte sie alles, was das Landleben Gutes bot, herbeigeschafft und aufgetischt. Da waren frische Erbsen, getrocknete Traubenkerne, Hafer und auch ein Stückchen Speck, wovon die Landmaus nur bei außergewöhnlichen Gelegenheiten aß. Mit großer Genugtuung überschaute sie ihre Tafel und unterließ nicht, ihrer Freundin unablässig zuzusprechen. Aber die Stadtmaus, durch die vielen gewohnten Leckereien verwöhnt, beroch und benagte die Speisen nur sehr wenig und stellte sich der Höflichkeit halber so, als wenn es ihr schmecke, konnte aber doch nicht umhin die Gastgeberin merken zu lassen, dass alles sehr wenig nach ihrem Geschmack gewesen sei. "Du bist eine recht große Törin", sprach sie zu ihr, "dass du hier so kümmerlich dein Leben fristest, während du es in der Stadt so glänzend führen könntest wie ich. Gehe mit mir in die Stadt unter Menschen, dort hast du Vergnügen und Überfluss." Die Landmaus war bald entschlossen und machte sich zum Mitgehen bereit. Schnell hatten sie die Stadt erreicht, und die Städterin führte sie nun in einen Palast, in welchem sie sich hauptsächlich aufzuhalten pflegte; sie gingen in den Speisesaal, wo sie noch die Überbleibsel eines herrlichen Abendschmauses vorfanden. Die Stadtmaus führte ihre Freundin nun zu einem prachtvollen, mit Damast überzogenen Sessel, bat sie, Platz zu nehmen, und legte ihr von den leckeren Speisen vor. Lange nötigen ließ sich die Landmaus nicht, sondern verschlang mit Heißhunger die ihr dargereichten Leckerbissen. Ganz entzückt war sie davon und wollte eben in Lobsprüche ausbrechen, als sich plötzlich die Flügeltüren öffneten und eine Schar Diener hereinstürzte. um die Reste des Mahles zu verzehren. Bestürzt und zitternd flohen beide Freundinnen, und die Landmaus, unbekannt in dem großen Hause, rettete sich noch mit Mühe in eine Ecke der Stube. Kaum hatte sich die Dienerschaft entfernt, als sie auch schon wieder hervorkroch und noch vor Schrecken zitternd zu ihrer Freundin sprach: "Lebe wohl! Einmal und nie wieder! Lieber will ich meine ärmliche Nahrung in Frieden genießen, als hier bei den ausgesuchtesten Speisen schwelgen und stets für mein Leben fürchten müssen." Genügsamkeit und Zufriedenheit macht glücklicher als Reichtum
und Überfluss unter großen Sorgen.
Eine Taube brüstete sich unter andern Vögeln mit ihrer Fruchtbarkeit: "Ich brüte", sagte sie, "jährlich acht bis zwölf Junge aus, atze sie, lehre sie fressen und fliegen, fliege mit ihnen auf die Kornfelder und lebe froh mit Kindern, Enkeln und Urenkeln, während ihr andern Vögel kaum ein Paar aushecket!" "Still!" sagte eine Krähe, die dies mit anhörte, "prahle doch ja nicht mit einem Gegenstand, der dir so unendlich viel Kummer und Leid verursacht! So viele Junge du hast, so viele Male hast du Trauer anzulegen. Kaum haben sie die ersten Federn, so sind sie auch schon auf den Tafeln der Menschen." So ist's im Leben: Kurze Freud, viel Leid und doch halten die Freuden
unserem Gedächtnis länger nach.
Die Schlange und der Landmann Eine Schlange, welche ihren Verschlupf im Vorhofe eines Landmannes hatte, tötete dessen kleines Kind, worüber die Eltern in tiefe Trauer gerieten. In seiner Betrübnis ergriff der Vater ein Beil und wollte die Schlange, sobald sie hervorkäme, totschlagen. Wie sie nun den Kopf ein wenig herausstreckte, wollte er schnell auf sie loshauen, allein er verfehlte sie und traf nur die Öffnung ihres Schlupfwinkels. Nachdem sich die Schlange wieder in ihr Loch zurückgezogen hatte, glaubte der Landmann, sie denke nicht mehr an die Beleidigung, nahm Brot und Salz und setzte es vor die Höhle. Die Schlange aber zischte ganz fein und sprach. "Nun und nimmer kann Zutrauen und Freundschaft zwischen uns bestehen, solange ich den Stein sehe und du das Grab deines Kindes." Die Fabel lehrt, dass niemand Hass und Rache vergisst, solange er ein
Denkmal dessen, was ihn in Betrübnis versetzte, vor Augen hat.
Die Schwalbe und andere Vögel Ein Vogel, weicher glaubte, dass er die Denk- und Handlungsweise der Menschen genau kenne, versammelte eines Tages eine Menge Vögel um sich und sprach zu ihnen: "Die Menschen säen den Hanf in keiner andern Absicht, als um Schlingen daraus zu machen und uns einzufangen. Daher ist es unsere Pflicht, diesen Samen beizeiten auszurotten." Die Schwalbe, die auch zugegen war, entgegnete, dass sie es für weit besser halte, die Freundschaft der Menschen zu suchen. Als ihr Rat keine Zustimmung fand, so verließ sie ihre Waldgenossen, flog in die Stadt und vertilgte die schädlichen Insekten. Die Menschen sahen bald ihre Nützlichkeit ein und ließen sie ungestört ihr Nest an den Häusern bauen. Die anderen Vögel schadeten den Menschen, wo sie nur konnten, und wurden allerdings stark und oft fett dabei. Aber es reifte auch der Hanf und wurde zu Schlingen verarbeitet, mit denen täglich eine Menge Vögel gefangen wurde, welche mit den Menschen hätten in Ruhe und Freundschaft leben können. Besser wenigeres in Frieden und nützlicher Tätigkeit, als
vielleicht ein Wohlleben, aber mit Gefahr und auf unrechtem Weg.
Eine Dohle sah öfters zu, wie reichlich die Tauben auf einem Bauernhof gefuttert wurden. "Sie bekommen das Futter hingestreut", dachte sie neidisch, "während ich es mühsam suchen muss. Ich will lieber eine Taube werden!" Was tat sie nun? Sie bemalte sich weiß vom Kopf bis zum Fuß, glättete ihr Gefieder und mischte sich unter den Taubenschwarm. Vergnügt pickte sie die Körner auf. Die Tauben ließen sie ruhig gewähren, denn keine vermutete, dass dies ein fremder Vogel sei. So ging das einige Tage - bis die Dohle so unklug war, ihren Schnabel aufzutun und ihr Gekrächze hören zu lassen. "Eine Dohle, eine verkleidete Dohle!" schrien die Tauben wütend, stürzten auf sie zu und hätten sie unbarmherzig totgebissen, wenn es ihr nicht gelungen wäre zu entfliehen. Reumütig kehrte die Dohle zu ihrer Sippe zurück. Jedoch die andern Dohlen erkannten sie nicht mehr in ihrem weißen Kleide. Bösartig hackten sie auf den fremden Vogel los. Sie duldeten nicht, dass er unter ihnen lebte. So wurde die weiße Dohle heimatlos und hatte es noch viel schwerer,
sich ihre Nahrung zu suchen.
Die wilde Ziege und der Weinstock Eine wilde Ziege flüchtete sich, von Hunden verfolgt, in einen Weinberg und verbarg sich unter den Blättern eines Weinstockes. Die Hunde stürzten vorbei, und sie entging ihren Verfolgern. Kaum glaubte sie sich außer Gefahr, als sie sich auch schon über die Reben hermachte und die Blätter fraß, die kurz vorher sie so treulich versteckt hatten. Dieses Geräusch machte den Jäger aufmerksam, der etwas zurückgeblieben war. Er entdeckte auch bald die Ziege und erlegte sie. "Ach!" seufzte sie sterbend, "mit Recht habe ich diese Strafe verdient, weil ich meinen Beschützer mit schnödem Undank belohnte." Es ist das größte Unrecht, Wohltaten mit Übel zu vergelten;
der Undankbare entgeht selten der verdienten Strafe.
Ein Ziegenhirt musterte seine Ziegen, bevor er sie austrieb. Eine derselben hatte es sich gut schmecken lassen und sehr viel gefressen. Sie ging daher langsamer als die andern und blieb zurück. Der Hirt ärgerte sich über ihre Langsamkeit, und da er nicht lange auf sie warten wollte, hob er einen Stein auf und warf nach ihr. Unglücklicherweise traf er das eine Horn, dass es abbrach. Kaum geschehen, bereute er seine Unvorsichtigkeit und bat die Ziege, doch ja nichts ihrem Herrn zu klagen. "Sei doch gescheit", antwortete die Ziege, "wenn ich auch nichts davon
sagen wollte, so würde doch das fehlende Horn dich anklagen."
Wo Taten sprechen, lasst sich das einmal Geschehene nicht verhehlen.
Drei Stiere schlossen miteinander ein Bündnis, jede Gefahr auf der Weide mit vereinten Kräften abzuwehren; so vereinigt, trotzten sie sogar dem Löwen, dass dieser sich nicht an sie wagte. Als ihn eines Tages der Hunger arg plagte, stiftete er Uneinigkeit unter
ihnen. Sie trennten sich, und nach nicht acht Tagen hatte er alle drei,
jeden einzeln, angegriffen und verzehrt.
Eintracht gibt Stärke und Sicherheit, Zwietracht bringt Schwäche
und Verderben.
Ein Fuchs betrachtete in der Werkstätte eines Bildhauers mit Entzücken verschiedene schöne Bildsäulen. Besonders gefiel ihm eine derselben wegen ihrer vorzüglichen Arbeit und Schönheit. Er untersuchte sie endlich näher und bemerkte nicht das geringste Zeichen von Leben oder Verstand. "Oh!" rief er aus, "wie schade ist, dass ein so schöner Kopf kein
Gehirn hat!"
Die Bildung des Geistes gibt erst der Schönheit des Körpers
einen Wert.
Eine arme Frau hatte nur ein Huhn, aber das war ihre Freude, denn es legte täglich ein Ei. Da sprach sie bei sich: »Gutes Tierchen, wenn ich dir doppeltes Futter gebe, dann legst du mir bestimmt jeden Tag zwei Eier!« Sie tat so in ihrer Unvernunft. Da wurde das Huhn fett und immer fetter
und legte schließlich überhaupt nicht mehr.
Die Bienen, unwillig darüber, dass sie nur für die undankbaren
Menschen arbeiten sollten, brachten dem Jupiter die feinsten Waben zur
Gabe und erbaten sich von ihm die Gnade, er möchte ihren Stacheln
die Eigenschaft verleihen, recht empfindliche Schmerzen zu verursachen.
Lass dich vom Hasse nicht betören, denn seine Folgen können
oft für dich selbst gefährlich werden.
Als Jupiter seine Vermählung feierte, brachten ihm alle Tiere Geschenke
dar. Auch die Schlange kroch in den Himmel und trug eine Rose im Munde;
doch als Jupiter sie erblickte, sprach er: "Gern und freudig nehme ich
die Geschenke der übrigen an, aber von dir will ich nichts haben."
Die Geschenke der Schlechten sind unwillkommen.
Einige mutwillige Knaben machten sich eines Tages die größte Freude daraus, an einem Teiche jeden Frosch, so wie er hervortauchte, mit Steinen zu bewerfen. je mehr Frösche sie verwundeten, je größer und lauter wurde das Geschrei, bis endlich ein alter Frosch auftauchte und ihnen zurief: "Kinder, bedenkt doch, was ihr tut, dass ihr uns armen Tiere, die euch nichts Böses taten, quält und schuldlos tötet." Dies machte die Knaben aufmerksam, sie dachten darüber nach und gingen beschämt nach Hause. Quäle nie ein Tier zum Scherz,
Ein Rabe hatte einen Käse gestohlen, flog damit auf einen Baum und wollte dort seine Beute in Ruhe verzehren. Da es aber der Raben Art ist, beim Essen nicht schweigen zu können, hörte ein vorbeikommender Fuchs den Raben über dem Käse krächzen. Er lief eilig hinzu und begann den Raben zu loben: »O Rabe, was bist du für ein wunderbarer Vogel! Wenn dein Gesang ebenso schön ist wie dein Gefieder, dann sollte man dich zum König aller Vögel krönen!« Dem Raben taten diese Schmeicheleien so wohl, dass er seinen Schnabel
weit aufsperrte, um dem Fuchs etwas vorzusingen. Dabei entfiel ihm der
Käse. Den nahm der Fuchs behänd, fraß ihn und lachte über
den törichten Raben.
Ein hungriger Fuchs kam einstmals in ein Dorf und fand einen Hahn; zu dem sprach er also: »O mein Herr Hahn, welche schöne Stimme hat dein Herr Vater gehabt! Ich bin darum zu dir hierher gekommen, dass ich deine Stimme hören möchte. Darum bitt ich dich, dass du mir singst mit lauter Stimme, damit ich hören möge, ob du eine schönere Stimme habest oder dein Vater.« Da erschwang der Hahn sein Gefieder, und mit geschlossenen Augen fing er an, auf das lauteste zu krähen. Indem sprang der Fuchs auf und fing ihn und trug ihn in den Wald. Als das die Bauern gewahr wurden, liefen sie dem Fuchs nach und schrien: »Der Fuchs trägt unsern Hahn fort!« Als der Hahn das hörte, sprach er zu dem Fuchs: »Hörst du, Herr Fuchs, was die groben Bauern sagen? Sprich du zu ihnen: 'Ich trage meinen Hahn und nicht den euern'.« Da ließ der Fuchs den Hahn aus dem Maule und sprach: »Ich trage meinen Hahn und nicht den euern.« Indem flog der Hahn auf einen Baum und sprach: »Du lügst, Herr Fuchs, du lügst, ich bin des Bauern, nicht dein.« Da schlug der Fuchs sich selbst mit den Händen aufs Maul und sprach:
»O du böses Maul, wie viel schwätzest du? wie viel redest
du Unnützes? Hättest du jetzt nicht geredet, so hättest
du deinen Raub nicht verloren.«
In einem außerordentlich heißen Sommer war ein tiefer Sumpf ausgetrocknet und die Frösche, die bisherigen Bewohner desselben, mussten sich nach einem andern Wohnort umsehen. Zwei derselben kamen auf ihrer Wanderschaft zu einem tiefen Brunnen, worin es noch Wasser gab. "Ei! Sieh da!" rief der eine. "Warum wollen wir weitergehen? Lass uns hier hinunterhüpfen!" "Halt!" antwortete der andere, "das Hinunterkommen ist zwar ganz leicht, aber wenn auch der Brunnen eintrocknet, wie willst du dann wieder herauskommen?" Was dir heute nutzt, das kann dir morgen schaden, darum denke nach,
bevor du handelst.
Ein Kamel, das einen Stier erblickte, welcher auf seine Hörner
stolz war, beneidete diesen und wünschte sich denselben Schmuck; deshalb
trat es vor Zeus und bat ihn gleichfalls um Hörner. Der Gott, welcher
dem Tiere einen großen Körper und Stärke des Leibes, die
ihm nötig waren, verliehen hatte, zürnte über die Unbescheidenheit
desselben und versagte ihm nicht bloß die Hörner, sondern nahm
ihm auch etwas von der Länge der Ohren hinweg.
Viele verlieren, indem sie mehr zu gewinnen streben, dasjenige, was
sie in Sicherheit genießen könnten.
Zwei Freunde gelobten sich gegenseitig, sich in allen Fällen treu beizustehen und Freud und Leid miteinander zu teilen. So traten sie ihre Wanderschaft an. Unvermutet kam ihnen auf einem engen Waldwege ein Bär entgegen. Vereint hätten sie ihn vielleicht bezwungen. Da aber dem einen sein Leben zu lieb war, verließ er, ebenso bald vergessend, was er kurz vorher versprochen hatte, seinen Freund und kletterte auf einen Baum. Als sich der andere nun verlassen sah, hatte er kaum noch Zeit, sich platt auf den Boden zu werfen und sich tot zu stellen, weil er gehört hatte, dass der Bär keine Toten verzehre. Der Bär kam nun herbei, beleckte dem Daliegenden die Ohren, warf ihn mit der Schnauze einige Male herum und trabte dann davon, weil er ihn für tot hielt. Sobald die Gefahr vorüber war, stieg jener vom Baume herab und fragte seinen Gefährten voll Neugierde, was ihm der Bär zugeflüstert habe? "Eine vortreffliche Warnung", antwortete dieser, "nur schade, dass ich
sie nicht früher gewusst habe."
Man solle sich nicht mit Menschen einlassen, die ihre Freunde in der
Not verlassen.
"Geh doch gerade und vorwärts!" rief einem jungen Krebs seine Mutter zu. "Von Herzen gerne, liebe Mutter", antwortete dieser, "nur möchte ich es dich ebenso machen sehen." Jedoch vergeblich war der Mutter Anstrengung und sichtbar ihre Klügelei und Tadelsucht. Gib keine Befehle, die man nicht vollbringen kann, und tadle an andern
keine Fehler, die du selbst begehst!
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