|
Die schönsten deutschen
Heimatsagen
Das verwünschte Schloß
Zwischen Schwerte und Wandhofen, wo jetzt die Wandhofer Heide ist, hat
vorzeiten ein großes, prächtiges Schloß gestanden, von
dessen früherer Geschichte aber nichts mehr bekannt ist. Nur das weiß
man noch, daß dessen letzter Besitzer in Pracht und Üppigkeit
lebte und daß er, um seinen Begierden und Wünschen ganz dienen
zu können, einen Bund mit dem Bösen schloß. Nachdem dieser
ihm eine lange Zeit gedient hatte, sind einmal beide uneins geworden, worauf
der Teufel den Ritter holen wollte. Weil aber dessen Lebenszeit noch nicht
abgelaufen war, hat der Teufel in dem Augenblick, als er das Schloß
unsichtbar gemacht hatte, um es mitsamt seinen Bewohnern in die Hölle
zu stoßen, seine Macht darüber verloren. Darum hat er es nicht
bis in die Hölle bringen können. Es ist an seiner alten Stelle
geblieben und nur nicht wieder sichtbar geworden. Alle hundert Jahre aber
kommt es in einer Vollmondnacht zum Vorschein.
Ein angesehener Mann von Wandhofen hat es zuletzt gesehen. Diesen führte
vor mehreren Jahren, als er von Schwerte nach Wandhofen zurückkehren
wollte, sein Weg über die Wandhofer Heide, auf der er gegen zwölf
Uhr nachts ankam, als gerade Vollmond war. Auf einmal verschwand der Weg,
auf dem er ging, und er sah, sich in eine fremde Gegend versetzt, die er
noch nie gesehen hatte. Vor sich erblickte er ein großes, schönes,
hellerleuchtetes Schloß, aus dem ihm lauter Jubel und die schönste
Musik entgegenschallte. Er blieb verwundert eine Zeitlang stehen. Als ihm
aber die Geschichte des verwünschten Schlosses einfiel, eilte er erschrocken
von dannen. Doch den Weg konnte er nicht wieder finden. Wohl zwei Stunden
lief er voll Angst in der Irre umher, bis er zuletzt in der Ferne dreschen
hörte. Darauf ging er zu, und er erreichte glücklich das Dorf
Wandhofen. Am andern Morgen ging er mit vielen Leuten auf die Heide zurück,
aber sie fanden nichts. Nur an einer Stelle, die etwas hügelig war,
wehte ihnen ein starker Schwefelgeruch entgegen.
|