Literatur in der Bundesrepublik Deutschland    (ab 1945 bis heute)


 
 

Historischer Hintergrund

Die ersten Jahre nach der Kapitulation Deutschlands sind politisch von der Entwicklung der ursprünglich vier Besatzungszonen zu zwei getrennten Staaten, der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, gekennzeichnet. 
Der aufbrechende weltpolitische Konflikt zwischen den Großmächten bestimmte auch die Deutschlandpolitik. 
In den Westzonen wurde daraufhin die Währungsreform durchgeführt, und der Parlemanterische Rat für das Grundgesetz trat zusammen. 
1949 wurde die Bundesrepublik gegründet. 
Entsprechende Vorgänge führten auch in der sowjetisch besetzten Zone zu einer eigenstaatlichen Entwicklung. 
Die Literatur dieser Zeit macht deutlich, wie wenig diese rasante äußere Entwicklung der inneren Verfassung der Bevölkerung angemessen war. 
Wie 1918 konnte auch 1945 die nationale Krise nicht aus eigener deutscher Kraft überwunden werden. 
Ende der 40er Jahre entstand eine breite Diskussion um den Nihilismus als einer gesamteuropäischen Krisenerscheinung. 
Die spezifisch deutsche Entwicklung seit 1933 wurde in einen übergeortneten Geschichtsprozess eingebettet und dadurch in ihrer eigenen Problematik verdrängt.
Diesen Prozess veranschaulicht die Literaturgeschichte: War 1945/46 die Produktion quantitativ gering und, auch aufgrund des Papiermangels, weitgehend auf Zeitschriften angewiesen, so legte die erste Franfurter Buchmesse 1949 vom Entstehen eines eigenen literarischen Marktes Zeugnis ab;  hier hatte die Entwicklung von der Enge zur Weite geführt. 

Aber es gilt auch umgekehrt: Verstand sich die erste Nachkriegsliteratur im weitesten Sinne politisch, so hatte sie sich 1949 wieder in die Isolation der reinen Kultur zurückgezogen. 
Wenn man 1949 die Zeitschrift ,, Die Wandlung"  als Indiz der Zeit nehmen kann, dann muss man hier 
Benns ,,Statische Gedichte" (1948) nennen. 
Den markantesten Punkt innerhalb dieser Entwicklung bildet 1947 das Verbot der Zeitschrift ,,Der Ruf" und die Gründung der Gruppe 47.

In dieser Zwischengeneration der 30- bis 40-Jährigen war der Wille zum grundlegenden Wandel auch der politisch wirtschaftlichen Strukturen am stärksten ausgeprägt. Mit der wachsenden Restauration gerieten aber diese Autoren an den Rand der kulturellen Szene, sie bildeten den Kern kritischen Opposition der 50er Jahre oder wurden vergessen. 

Schließlich traten Ende 1946 wirklich jungen Autoren hervor, die Anfang der 20er Jahre Geborenen. Sie waren unter dem Nationalsozialismus herangewachsen, für sie bedeutete 1945 den Zusammenbruch der einzigen Welt, die sie kannten. 

Der traditionellen deutschen und der modernen westlichen Literatur war die skeptische Sicht der Geschichte gemeinsam. Denn der deutsche Faschismus war nur der folgenschwerste Schritt einer insgesamt antidemokratischen Entwicklung Europas in den 30er Jahren gewesen.
 

Charakterisierung der Epoche

Das Jahr 1945 war das Jahr des Zusammenbruchs des nationalsozialischtischen Reiches, das ist der Zeitpunkt, von dem die Epoche, in der wir heute leben, ihren Ausgang nimmt. Deutschland existierte nicht mehr als eigenstaatliches Gebilde; es wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt und Siegermächten verwaltet. 
Oft hat man fest gestellt, dass in Deutschland ,,Geist“ und ,,Politik“ einander traditionell fremd gegenüberstanden. 
Betrachtet man die literarische Entwicklung in der BDR unter der Feststellung, wie sich die Literatur in der jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Konstellation verhält, so ergibt sich das Bild einer Entwicklung in vier Phasen, das diese Einschätzungen zumindest teiweise bestätigt. 

Die 50er und 70er Jahre erscheinen, freilich unter unterschiedlichen Vorzeichen, jeweils als Zeiträume, in denen sich die Literatur weitgehend aus der politischen Auseinandersetzung heraushält. 
Es sind, politisch gesprochen, Restaurationsphasen, in denen die Kritik der Intellektullen und Schriftsteller keine Chance zu haben scheint, gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken. Sie folgen jeweils auf Perioden, in denen die Hoffnung auf einen grundlegenden Wandel des bestehenden Gesellschaftssystems einen großen Teil der kulturellen Intelligenz zu politischen Enegeagement bewegte. 
Dies geschah in den ersten Nachkriegsjahren und in den 60er Jahren. Die Literatur dieser Jahre jedoch brachte diese zeitgeschichtlichen Tendezen kaum zur Sprache. Für sie wurde die Vorstellung einer die Wirklichkeit überhöhenden Dichtung bestimmend. 
Die Trennung der geistig-kulturellen von der politischen Welt in dieser Periode zeigt sich in Erscheinungen des literarischen Lebens: die im antifaschistischen Exel entstandenen Werke einer im exemplarischen Sinn politischen Literatur wurden in der Bundesrepublik, im Gegensatz zur DDR, bis in die 60er Jahre nicht eingebürgert. 
Dagegen prägten weitgehend die konservativen Autoren der ,,Inneren Emigration“, die nach 1945 ihre Werk fortschrieben, das gängige Veständnis von Literatur.
 
 

Literarische Formen 

"Trümmerliteratur"  und  "Kahlschlag"   -  mit diesen Schlagworten ist die neu entstehende Literatur nach dem 
2. Weltkrieg bezeichnet worden. Hier spiegelt sich die Realität wider, durch welche diese Literatur geprägt wurde: Schutt und Ruinen in den Städten und in der Kultur. 

Dichter und Schriftsteller beginnen, jeder auf seine Weise, die Eindrücke und Geschehnisse der Kriegsjahre und der Nazizeit zu verarbeiten. Vergangenheitsbewältigung und ganz allmählich auch Gegenwartskritik bestimmen die Thematik in Lyrik, Roman, Drama und Hörspiel.

Die Beendigung der ökonomischen Rekonstruktion und die aufblühende Wirtschaft bilden etwa seit 1961 die Voraussetzung für eine "Politisierung der Literatur".  Dichter, Schriftsteller und Liedermacher greifen aktuelle Ereignisse als Themen auf. Kennzeichnend ist die entschiedene Parteinahme gegen Herrschaft, Unterdrückung und Ausbeutung.
Klassenkampf, Studentenrevolte und immer wieder der Krieg in Vietnam stehen thematisch im Mittelpunkt.

Im Übergang zu den 80er Jahren vollzieht sich eine Rück- und Neubesinnung auf die "Eigenart des Ästhetischen" (Lukács). Schriftsteller wie Alexander Kluge, Peter Weiss und Herbert Achternbusch, deren Anfänge sich schon bis in die 60er Jahre zurückverfolgen lassen, haben konsequent auf die Fähigkeit der Literatur gesetzt, Wirklichkeit zu erfassen, zu verarbeiten und zu formen.

Gute Literatur greift auf vielfältige Weise Probleme auf und bietet ihrem Leser Problemlösungsstrategien, die helfen können, den Alltag, das Leben und ähnliche eigene Probleme besser zu bewältigen. 

Die zahlreiche Trivialliteratur, die im Rahmen der Kommerzialisierung auch immens aufblüht, leistet das längst nicht immer.
 
 

Vertreter

Albrecht Haushöfer:           Moabiter Sonette (1945)

Günther Weisenbonn:         Die Illegalen (1946)

Walter Kolbenhoff:             Von unserem Fleisch und Blut (1947)

Ernst Weichert:                   Der toten Wald (1946)

Alfried Andersch  und 
Hans Werner Richter:         Der Ruf

Ernst Kreuder:                    Die Gesellschaft vom Dachboden (1946)

Hans Werner Richter:        Almanach der Gruppe 47. 1947 – 1962 

Heinrich Böll:                      Bekentnis zur Tümmerliteratur (1952) (in: Erzählungen, Hösspiele, Aufsätze.) 
                                             Die Botschaft (1947). 
                                             Der Zug war pünklich (Erzählung. 1949)

Wolfdiedrich Schnurre:       Auszug aus aus dem Elfenbeintturn (1949) (in: Schreibtisch unter freiem
                                               Himmel. 1964) 
                                             Hundeblume. Erzählungen aus unseren Tagen (1947)

Wolfgang Weyrauch:           Kahlschlag. Nachwort zu „Tausend Gramm“ (1949)

Wolfgang Borchert:            Draußen vor Kopf durch die Wand. (1977) 
                                             Generation ohne Abschied 
                                             Das ist unser Manisfest 
                                             Dann gibt es nur eins (Prosa. 1947). 
                                             Aus der Flucht (1945) 
                                             Das Begräbnis (erster Text der ,,Gruppe 47“ 1947 ). 
                                             Die Rohrdommel ruft jeden Tag (Sammelband 1950)
 

Gottfreid Benn:                   Der Plotemäer (1949) 
                                              Statische Gedichte (1948) 
                                             Problem der Lyrik (1951) 
                                             Destillationen (1953)
 

Friedrich Dürrenmatt:         Die Ehe des Herrn Mississippi (UA 1952) 
                                             Die Physiker (UA 1966 ) 
                                             Der Meteor (UA 1966) 
 

Max Frisch:                         Nun singen sie wieder (1946 UA 1945) 
                                             Graf Oederland (1951) 
                                             Andorra (1961) 
                                             Ein Spiel (1967)

Eugen Kogon:                     Der SS- Staat (1969)
 
 

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